Eine Tulpe ist eine Tulpe, ist eine Tulpe, ist ein Statussymbol, ist eine Wertanlage und manchmal auch der Grund für den Ruin. In den Niederlanden der 30er Jahre des 17. Jahrhunderts war die aus dem Orient in die durch Gewürze und andere Luxusgüter zu Reichtum gekommene Handelsnation die Tulpe all das. Der Handel mit der begehrten Zwiebel wurde nicht nur zum ersten dokumentierten Börsenkrach der Geschichte, sondern leitete zudem eine Wirtschaftskrise ein von der sich Holland in den darauf folgenden Jahren langwierig erholen musste. Klingt aberwitzig, erinnert aber in vielen Dingen an heutige Verhältnisse. Die Aussicht auf schnellen Reichtum, der Wunsch es in der Welt zu Erfolg gebracht zu haben – all das sind bei weitem keine Errungenschaften moderner Zeiten.
In Justin Chadwicks („Mandela – der lange Weg zur Freiheit“ und „Die Schwester der Königin“) auf dem gleichnamigen historischen Roman der Schriftstellerin Deborah Moggach basierenden Film „Tulpenfieber“ wird die Tulpe für viele ein Mittel für den vermeintlichen Weg ins Glück. Reiche Händler, Taugenichtse, Prostituierte oder einfache Handwerker – sie alle erhoffen sich von der Spekulation mit der Blumenzwiebel Gewinn. Schon die Option auf eine oder mehrere Zwiebeln konnte für ungeheure Summen an den Mann gebracht werden. Je rarer die Sorte desto kostbarer.
Durch die Straßen Amsterdams
Von all dem Irrsinn einer sich aufblähenden Spekulationsblase, die schließlich platzen muss, erzählt Chadwicks Film. Für die Leinwand hat den Stoff Dramatiker Tom Stoppard adaptiert. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen zweifelsohne die begehrten Pflanzen. Und dies wird zum Problem. Denn gegen die wunderbaren Mutationen hervorbringende Blume und ihre Auswirkungen auf des Menschen Gemüt, wirkt die eigentliche Hauptdarstellerin Alicia Vikander ziemlich blass. Als Waisenkind, von einem reichen Kaufmann (Christoph Waltz) als Hoffnungsträgerin auf einen Erben quasi in Besitz genommen, zählen die Szenen der Haupthandlung zu den eher fahlen Momenten des Films. Und das obwohl der Stoff nicht aufregender sein könnte: Das unglückliche Mädchen verliebt sich nach Jahren der Ehe noch immer erbenlos in den jungen Maler Jan Van Loos (Dane DeHaan) – und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Was folgen sind Betrug und eine List um eine vermeintliche Schwangerschaft, bei der auch die Dienerin des Hauses eine wesentliche Rolle spielt. – Ihre große Liebe nach dem Verkauf einer raren Tulpensorte verschwunden.
Aufregende Szenen, deren aufregendsten allerdings hinter Klostermauern spielen. Hier in St. Ursula, dem ehemaligen Heim der Waise agiert eine weise Äbtissin (erneut eine Freude Judi Dench beim Spiel zuzusehen) als Blumenzüchterin im Dienste des Marktes. Fast bekommt man Lust beflügelt von den stimmungsvollen Bildern selbst zum Spaten zu greifen und sich in botanischen Angelegenheiten zu versuchen. Einmal durch holländische Grachten mit ihren Menschengetümmel eilen oder in den dunklen hölzernen Hinterstuben, in denen die Geldtransaktionen rund um die Tulpenzwiebel über die Bühne gehen, das Treiben beobachten. Es ist bereits zu ahnen: letztendlich ist es Set-Design und Kostüm zu verdanken, dass aus dem Schinken doch noch ein ansehnlicher Kinogenuss wird. Zusammengefasst: ein nett anzusehendes Historiendrama für laue Wochenendabende. Im Falle akuten Zeitmangels: für kalte Winterabende vor dem wärmenden Fernseher on demand.
Tulpenfieber. Ein Film von Justin Chadwick. Mit Alicia Vikander, Christoph Waltz, Dane DeHaan, Cara Delevingne uvm. GB/USA, 2015. 107 Minuten.
Kinostart: 24. August 2017
© Thimfilm
Teilen mit: